Homöopathie – Was ist das genau?
Aktuell wird viel über das Thema Homöopathie diskutiert. Ein Artikel im Spiegel hat den Anstoß gegeben, aber auch in der Apothekenbranche ist eine kontroverse Diskussion entfacht. Ist das Angebot von homöopathischen Arzneimitteln in den Apotheken ehrlich oder in erster Linie als Umsatzgarant zu betrachten?
Mit einer kleinen Videoserie habe ich mich auf meinem Gesundheitsportal gerne gesund dem Thema genähert.
Bei der Homöopathie scheiden sich die Geister
Auch nach über 200 Jahren steht noch nicht für alle Seiten abschließend und nachvollziehbar fest, ob und wie die Homöopathie wirkt. Daher ist es nicht verwunderlich, dass es mindestens zwei Lager gibt: die Befürworter und die Gegner. Unterschiedlicher können die Meinung kaum sein. Sprechen die einen von nebenwirkungsfreier sanfter Heilung, kontern die anderen mit Placeboeffekt. Dazwischen befinden sind die „Unentschlossenen“ oder die, die zu dem Thema noch keine fundierte Meinung haben, da sie sich vielleicht noch nicht ausreichend mit den Hintergründen beschäftigt haben.
Den Naturgesetzen trotzen?
Überlegen wir, was die Grundlagen der Homöopathie sind, müssen wir feststellen, dass die Vorstellungen von der Wirksamkeit mit unseren Naturgesetzen nicht vereinbar sind. Betrachtet man dies objektiv und emotionslos, kann man nicht zu der Annahme kommen, dass diese Therapieform einen Effekt aufweisen kann. Da es sich bei vielen Befürwortern aber durchaus um wissenschaftlich denkende und arbeitende Menschen handelt, verwundert ihr Stand durchaus. Können sie ihn in der Regel doch nicht mit standhaften Argumenten belegen, sondern oftmals nur aus ihren Erfahrungen schöpfen, was aber nie eine objektive Betrachtung darstellt sondern sehr fehleranfällig ist.
So beruht die Homöopathie vor allem auf folgenden Punkten:
Das Ähnlichkeitsprinzip
Substanzen, die bei gesunden Menschen ein bestimmtes Symptom hervorrufen, können in hohen Verdünnung bei erkrankten Menschen, die diese Symptome aufweisen, zur Heilung führen.
Als Beispiel nutze ich hier gerne die Küchenzwiebel. Diese führt beim Schneiden unweigerlich dazu, dass unsere Augen tränen und die Nase anfängt zu laufen. Daher dient die Küchenzwiebel in der Homöopathie bei Erkrankungen, die diese Symptome aufweisen, wie dem klassischen Schnupfen. Allerdings benennt man das homöopathische Arzneimittel nach dem lateinischen Namen, Allium cepa in diesem Fall. Das klingt auch irgendwie angenehmer, kommen teilweise doch auch sehr unangenehme Ausgangssubstanzen zum Einsatz.
Die Potentierung
Je höher die Verdünnung der Ausgangssubstanz, desto stärker die homöopathische Wirkung. In der Homöopathie spricht man daher von Potentierung der Wirkung oder von Potenzen. Die bekanntesten Verdünnungsreihen sind die „D“ und „C“ Potenzen. Bei den D-Potenzen werden die Ausgangssubstanzen in Schritten 1:10 verdünnt. Die Zahl, z.B. D6, bedeutet, dass dieser Schritt insgesamt 6-mal durchgeführt wurde. Das Resultat ist somit eine Verdünnung von 1:1.000.000. Bei den C-Potenzen wird in Schritten 1:100 verdünnt. C-Potenzen sind daher stärker verdünnt und somit nach homöopathischen Grundgedanken auch stärker in der Wirkung.
Die Potentierung widerspricht all dem, was wir wissenschaftlich kennen und nachweisen können. Sie liegt fern ab der Naturgesetze und es ist mit logischem Menschenverstand nicht erklärbar, warum dies funktionieren soll. Die Annahme, dass bei den vielen Verdünnungsschritten Informationen auf das Lösungsmittel übertragen werden, die dann wiederum in der Lage sind, die Selbstheilungskräfte unseres Körpers zu aktivieren, ist schwer nachvollziehbar und belegbar. Es fehlt grundsätzlich der wissenschaftliche Nachweis, dass man auf Wassermoleküle Informationen übertragen kann. Es ist wissenschaftlich auch nicht plausibel, dass dies durch die geringe Energie, die bei den Verdünnungsschritten aufgewendet wird, eintreten könnte.
[bctt tweet=“#Arnica ist eines der bekanntesten Homöopathika. Dabei widerlegt Arnica doch gleichzeitig den Grundgedanken der #Homöopathie, das #Ähnlichkeitsprinzip. #gernegesund #Gesundheit“ username=“steffen_kuhnert“]
Arnica hilft, somit muss die Homöopathie helfen
Arnica ist eine häufig verwendete Substanz in der Homöopathie und wird als homöopathisches Arzneimittel gerne bei Schwellungen und Blutergüssen eingesetzt. Nach dem Ähnlichkeitsprinzip müsste die Arnikapflanze somit bei gesunden Menschen zu Schwellungen und Blutergüssen führen. Tut sie aber nicht! Arnikaextrakte werden auch in der klassischen Allopathie zur Behandlung von Schwellungen und Blutergüssen eingesetzt.
Nach dem homöopathischen Grundgedanken kann ein Allopathikum nicht gleichzeitig auch ein Homöopathikum darstellen. Arnica widerlegt dies und ist dabei wahrscheinlich eines der beliebtesten homöopathischen Produkte.
Die Wirkung von Arnica ist im Übrigen nicht erwiesen. Schwellungen und Blutergüsse heilen sehr individuell ab und es ist medizinisch erklärbar, warum teilweise eine rasche Abheilung auftritt. Alleine die Aussage „ich habe gesehen, wie Arnica hilft“ reicht nicht als Nachweis für die Wirksamkeit aus. Diese Beobachtungen, die es durchaus gibt, bleiben immer individuelle subjektive Beobachtungen. Leider kann in den gleichen individuellen Fällen nicht parallel überprüft werden, wie die Schwellungen ohne Arnica abgeheilt wären.
Die Studienlage lässt nur einen Schluss zu
Homöopathische Arzneimittel müssen in ihrem Wirksamkeitsnachweis den Standard für klassische allopathische Arzneimittel einhalten. Dies bedeutet, dass sie ebenfalls in randomisierten Doppelblindstudien bestehen müssen. Darüberhinaus ist es aber auch wichtig, die Studienlage in sogenannten Metaanalysen zu überprüfen und daraus ein Gesamtfazit zu ziehen, denn so können statistische Abweichung eliminiert werden. Die aktuelle Studienlage zur Homöopathie lässt am Ende nur den Schluss zu, dass sie über den Placeboeffekt nicht hinauskommt.
Natürlich ist der Placeboeffekt und sind die Selbstheilungskräfte unseres Körpers nicht zu unterschätzen. Placeboeffekt bedeutet nicht, dass sich die Menschen eine Wirkung einbilden oder dass nur bestimmte Menschengruppen entsprechend reagieren.
Ist die Homöopathie eine empfehlenswerte Therapie?
Menschen, die zum Arzt oder in die Apotheke kommen und einen Rat oder Hilfe benötigen, verlassen sich auf das fundierte Wissen ihres Gegenübers. Wenn diesen Menschen eine homöopathische Therapie empfohlen wird, sollten diese davon ausgehen können, dass ihnen die beste Lösung für ihr Problem angeraten wurde. Ein „Placebo“ dürfte in der Regel nicht die beste Therapie darstellen.
Bei banalen Erkrankungen, die in der Regel innerhalb weniger Tage auch von selber abheilen werden, ist dieses Vorgehen vielleicht noch akzeptabel. Wobei doch immer der Patient darüber entscheiden sollte! Die Fachleute dürfen nicht davon ausgehen, dass alle Menschen genau wissen, was die Homöopathie ist. Stellt man den Patienten allerdings vor die Wahl, ein „homöopathisches Placebo“ einzunehmen oder ein Arzneimittel, hat man den möglichen Effekt wahrscheinlich bereits im Ansatz zerstört. Konsequenter wäre es hier doch, direkt von einer Therapie abzuraten, über den üblichen harmlosen Verlauf aufzuklären und vielleicht nur etwas gegen die akuten Symptome zu empfehlen, die gerade am meisten den Alltag stören, wenn dies gewünscht ist.
Gefährlich wird es meiner Meinung nach, wenn Menschen mit schweren oder gar lebensbedrohlichen Erkrankungen Versprechen und Hoffnungen gemacht werden mit einer homöopathischen Therapie. Vor allem, wenn dadurch wichtige andere Maßnahmen nicht oder verspätet eingeleitet werden oder sogar abgebrochen werden. Hier sind die Grenzen der Homöopathie absolut überschritten und das sollte jedem klar sein.
Fazit zur Homöopathie
Es gibt viele Menschen, die auf die Homöopathie schwören, gerade für ihre Kinder oder Haustiere. Diese Menschen sollte man sicherlich nicht bevormunden und ihnen die gewünschte Therapie verweigern, aber ein aufklärendes Gespräch anbieten, wäre ein guter Weg. Solange die Homöopathie bei banalen Erkrankungen eingesetzt wird, kann man sich oder anderen in der Regel keinen Schaden zuführen.
Wirkungsversprechen oder gar Hoffnungen auf Heilung bei schwerwiegenden Erkrankungen auszusprechen, ist aber absolut unangemessen und gefährlich. Hier gilt es die Patienten aufzuklären und ihnen die Grenzen der Homöopathie ganz klar aufzuzeigen.
Folgende Videos beschäftigen sich intensiver mit dem Thema Homöopathie und ergänzen diesen Beitrag:
Video 1: Die Grundlagen
Video 2: Die Einschätzung