Marihuana Teil 3: Cannabis in der Medizin
Ab März kann Cannabis auf Rezept verordnet werden.
Bei der Planung meiner dreiteiligen Artikelserie zum Thema Cannabis, waren die neuen Entwicklungen in Bezug auf den Einsatz von Cannabis in der Medizin noch nicht abzusehen. Seit dem 19.01.2017 ist es aber nun beschlossene Sache, der Bundestag hat endlich ein Gesetz verabschiedet, welches die Versorgung von schwer erkrankten Menschen mit Cannabis regelt. Daher habe ich mein Konzept natürlich an die neue Rechtslage angepasst, da die alte doch sehr unbefriedigende Regelung nun endgültig vom Tisch ist.
Die Einzelheiten zum Gesetzentwurf
Die Nachfrage nach Cannabis als Medizin stieg in den letzten Jahren stetig an. Wurden im ersten Halbjahr 2015 noch etwa 34 Kilogramm Cannabis legal über die Apotheken vertrieben, waren es im ersten Halbjahr 2016 bereits etwa 62 Kilogramm. Die an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) angegliederte Bundesopiumstelle hat bis dato gut 600 Ausnahmegenehmigungen für die Verschreibung von Cannabis in Deutschland erteilt. Dies war ein sehr aufwendiges Verfahren und es war für Patienten alles andere als einfach, Ärzte zu finden, die dieser Therapie offen gegenüber standen.
Die Verschreibung von Cannabisarzneimitteln durch einen Arzt mittels eines entsprechenden Betäubungsmittelrezeptes, sowie die Erstattung durch die gesetzliche Krankenkasse soll nun nach festgelegten Voraussetzungen ab März 2017 möglich sein. Da das Gesetz keine Zustimmung vom Bundesrat bedarf, ist die Umsetzung beschlossene Sache.
In den Apotheken kann dann ohne den bisher notwendigen Ausnahmeantrag zertifizierte Ware für therapeutische Zwecke mit einer standardisierten Qualität abgegeben werden. Für die Erstattung durch die Krankenkasse muss jedoch ein Antrag auf Kostenerstattung gestellt werden, in dem die Voraussetzungen geprüft werden.
[bctt tweet=“#CANNABIS AUF REZEPT? ES WIRD ZUKÜNFTIG EINFACHER ABER SICHER NICHT PROBLEMLOS.“ username=“steffen_kuhnert“]
Erstattung durch die gesetzliche Krankenkasse
Die Kosten für eine Cannabistherapie werden durch die gesetzlichen Krankenkassen nur bei schwerkranken Menschen, denen nicht mittels anderer Therapiealternativen geholfen werden kann, bezahlt. Der Deutsche Hanfverband hat in einem Leitfaden die Erkrankungen zusammengetragen, bei denen bis heute eine solche Ausnahmegenehmigung erteilt wurde. Es ist davon auszugehen, dass diese Erkrankungen bei der Beurteilung auch weiterhin übernommen werden.
Der behandelnde Arzt entscheidet aber grundsätzlich über die Therapie und die Verordnung der entsprechenden Produkte. Hierzu muss er sich an das aktuelle Betäubungsmittelgesetz halten, welches für alle Betäubungsmittel festhält, dass eine Verordnung nur dann zulässig ist, wenn der Arzt für sich geprüft hat, dass keine alternative Therapie zur Verfügung steht.
Für eine Kostenerstattung muss zu Beginn der Behandlung die Krankenkasse eingeschaltet werden, die dann über den Medizinischen Dienst eine entsprechende Prüfung in die Wege leitet. Diese Punkte wurden im Gesetzentwurf als Voraussetzung für eine Erstattungsfähigkeit definiert:
- Vorliegen einer schwerwiegenden Erkrankung
- Keine Alternative zur Cannabistherapie vorhanden
- Aussicht auf eine spürbare Verbesserung ist gegeben
- Patient stimmt einer anonymisierten Begleiterhebung seiner Daten zu Forschungszwecken zu
Sollte der Medizinische Dienst die Erstattung ablehnen, bedeutet dies nicht automatisch, dass die Behandlung nicht durchgeführt werden kann, sie muss dann allerdings zu Lasten des Patienten abgerechnet werden. Bei Einschaltung des Medizinischen Dienstes darf laut Sozialgesetzbuch (SGB) der Entscheid über ein Genehmigungsverfahren fünf Wochen nach Antragstellung dauern. Es gibt zwar bereits Äußerungen, dass diese Entscheide deutlich zügiger bearbeitet werden sollen, dennoch ist in der Praxis sicherlich mit Schwierigkeiten und Verzögerungen zu rechnen.
Der Anbau von Cannabis in Deutschland soll zukünftig über eine „Cannabisagentur“ geregelt werden, was bedeutet, dass eine staatliche Kontrolle des Anbaus zu medizinischen Zwecken erfolgen wird. Eine standardisierte Qualität des Endproduktes ist für eine Arzneimitteltherapie selbstverständlich sehr wichtig, damit die Wirkung abgeschätzt und die einzusetzende Menge bestimmt werden kann. Zukünftig muss diese Cannabisagentur die gesamte Ernte des genehmigten Anbaus einkaufen und einlagern. Bis ausreichende Mengen in Deutschland produziert werden können, wird auf einen Import aus dem Ausland, wahrscheinlich aus den Niederlanden, zurückgegriffen. Es ist daher gerade in der Startphase des Gesetzes mit Lieferengpässen und Verzögerungen zu rechnen.
Einen legitimierten privaten Anbau von Cannabis wird es daher in Zukunft nicht geben.
Die Bundesregierung sieht die Studienlage in Bezug auf die medizinische Anwendung von Cannabis als nicht ausreichend an, so dass eine begleitende Beobachtungsstudie über 60 Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes gestartet wird. Für die Kostenerstattung durch die Krankenkasse ist die Einwilligung zur Teilnahme an dieser Studie erforderlich. Hierbei werden jedoch keine medizinischen Tests oder Untersuchungen vorgenommen, sondern die vom Arzt dokumentierten Daten anonymisiert weitergeleitet.
Warum wird Cannabis nicht komplett legalisiert?
Die Regierung stützt sich vor allem auf die in Studien bewiesenen Nebenwirkungen der psychischen Störungen durch Cannabiskonsum bei Jugendlichen und Heranwachsenden. Dem Jugendschutz gilt eine besondere Aufmerksamkeit und die Regierung sieht in einem generellen Verbot weiterhin eine Gefährdungsminimierung für junge Menschen. Daher äußert die Drogenbeauftragte der Bundesregierung deutlich, dass dieses nun verabschiedete Gesetz nicht als Schritt in Richtung genereller Legalisierung missverstanden werden darf.
Eine offene Diskussion, ob das Verbot der letzten Jahrzehnte gerade in Bezug auf den Jugendschutz einen positive Einfluss genommen hat, oder ob gerade der Reiz des Verbotenen dazu geführt haben könnte, dass der Konsum bei jungen Menschen eher stetig zunimmt, ist meiner Meinung nach zu führen.
Auf die Wirkungen und Nebenwirkungen bin ich in meinem zweiten Artikel näher eingegangen.
Weitere gesetzliche Änderungen zwingend nötig
Darüber hinaus sind zwingend auch Änderungen im Straßenverkehrsgesetz nötig. Bis heute gibt es keine gesetzlich festgelegten Grenzkonzentrationen für einen THC-Gehalt im Blut in Bezug auf die Teilnahme am Straßenverkehr. Dies bedeutet, dass theoretisch jede nachgewiesene Konzentration zu einer Strafanzeige führen könnte. Zu diesem Punkt habe ich in meinem ersten Artikel bereits Näheres geschrieben.